Biken

Wenn Not am Mann ist hilft eine Frau

Die Saison in der Bike Republic Sölden neigt sich langsam aber sicher dem Ende zu. Und dennoch arbeiten bis zum Schluss viele fleißige Hände an der Erweiterung des Staatsgebiets – in Form neuer Trails und Lines. Zwei dieser Hände gehören der 47-jährigen US-Amerikanerin Valerie Naylor. Und mit diesen vollführt sie in ihrem Mini-Bagger wahre Trailbau-Wunder. Wir haben Söldens – und wohl auch Österreichs – einziger Trailbauerin bei ihrer Arbeit über die Baggerschaufel geblickt.

Rettenbachtal - Bike Republic Sölden
Es „herbstelt“ im Rettenbachtal
© Hannah-Lena Oberleitner / Ötztal Tourismus

Treffpunkt Gletscherstraße, Kehre 8

Wie vereinbart holt uns Leo von der Bike Republic Sölden kurz hinter Kehre 8 auf der Gletscherstraße ab. Sofort verlassen wir die asphaltierte Straße und biegen auf eine unbefestigte Zufahrtstraße Richtung Rotkogljoch ab. Ein Blick auf die weiß gezuckerten Berggipfel um uns herum macht klar: Der Herbst hat in dieser Höhe schon voll Einzug gehalten und auch der Winter wirft seine ersten, langen Schatten voraus.

Der Ort unseres heutigen Lokalaugenscheins (14.09.17) ist die im Bau befindliche „Ollweite-Line“, eine ca. 7 Kilometer lange Flow-Line, die vom Speichersee unterhalb der Rotkoglhütte bis ins Rettenbachtal führt. Während der Fahrt erzählt Leo, dass derzeit ca. 25 Trailbauer an zwei Strecken arbeiten: Der eben genannten „Ollweite-Line“ (Ötztalerisch für „draußen“, „im Freien“) und der „Lettn-Line“ (Ötztalerisch für „Schlamm“).

Sofern das Wetter mitspielt werden beide Lines zum Bike-Opening 2018 eröffnet. Überhaupt wurde heuer unter Hochdruck an der Erweiterung des Trail-Angebots gearbeitet und rekordverdächtige 12 Kilometer an neuen Routen umgesetzt!

Immer den Baggergeräuschen nach

Wir stellen das Auto ab und bringen die letzten Meter bis zur Flow-Line zu Fuß hinter uns. Dass wir auf dem richtigen Weg sind, untermauern die immer lauter werdenden Baggergeräusche. Und nach wenigen Minuten erblicken wir in der Ferne einen Mini-Bagger, der sich langsam seinen Weg vorwärts bahnt – keine Frage, das muss Valerie sein! Wir liegen richtig – die US-Amerikanerin stellt den Bagger ab und wir begrüßen uns erstmal.

Wie es dazu kam, dass sie als Trailbauerin in Sölden „gelandet“ ist? Valerie erzählt, dass sie während ihrer Trailbau-Arbeit für den Bundesstaat Florida ihre Landsleute Chris Bernhard und Chris Kehmeier kennenlernte. Die beiden US-Amerikaner wiederum zeichnen sich unter anderem für das Design der Strecken hier in der Bike Republic Sölden verantwortlich.

Valerie bei der Arbeit - Bike Republic Sölden
Von den Appalachen in die Ötztaler Alpen: Valerie Taylor & ihr Bagger
© Benedikt Steiner / Ötztal Tourismus

Die zwei Trail-Designer benötigten Hilfe in Form eines erfahrenen Baggerfahrers mit Trailbau-Expertise – speziell in Hinblick auf das steinige und felsige Terrain hier in Sölden, in dem die neuen Strecken entstehen sollten. Da sie bereits gemeinsam mit Valerie an einem Trailbau-Projekt gearbeitet hatten, wussten sie, dass sie die richtige Person für diese Aufgabe wäre. Also riefen sie Valerie an und fragten, ob sie Lust auf den Job in Übersee hätte – die wiederum zeigte sich begeistert von der Möglichkeit und nahm das Angebot dankend an.

Portrait Valerie Naylor - Bike Republic Sölden
Handschuhe an und weiter geht’s …
© Hannah-Lena Oberleitner / Ötztal Tourismus

Mit dem Bagger Männerdomänen einreißen

Seit zwei Monaten ist Valerie in Sölden und unterstützt im Bagger die „Hand-Crew“ – also jene Männer, die ausgestattet mit Schaufel, Pickel und Rechen hinter Valerie die Detailarbeit an den Trails erledigen. Und die wissen das Können der US-Amerikanerin sehr zu schätzen – denn je sauberer der „Maschinist“ arbeitet, umso weniger muss geschaufelt, getragen und gepickelt werden.

Auch Leo, der ab und zu selbst einen Bagger steuert, bestätigt das außergewöhnliche Gefühl von Valerie für die Maschine und meint: „Wenn du mal selbst in einem Bagger gesessen bist, kannst du die Genauigkeit, mit der Valerie arbeitet, viel besser einschätzen.“

Valerie selbst zeigt sich von ihrem Arbeitsgerät, das ihr hier in Sölden zur Verfügung steht, begeistert. Und das obwohl sie sich erst an die Maschine gewöhnen musste, denn die Schaufel des Baggers unterscheidet sich doch stark von der Variante, welche in den Staaten verwendet wird: „Es ist eine großartige Maschine, die dich praktisch alles machen lässt – der Bagger ist zwar nicht superschnell aber für dieses steile, felsige Gelände genau das richtige Instrument“.

Sölden als „Tor zu Europa“

Valeries‘ Arbeitstag beginnt in Sölden um 07:30 Uhr. Zuerst wird der Tag gemeinsam mit der Crew koordiniert. Falls nötig wird der Bagger getankt, Wartungsarbeiten an der Maschine durchgeführt und schon geht’s los. Von der restlichen Crew wurde Valerie super aufgenommen, wie sie erzählt. Einzig die Sprachbarriere stellte sich zu Beginn als herausfordernd dar: „Ich dachte hier wird Deutsch gesprochen, aber Deutsch ist es nicht wirklich“, gibt sie schmunzelnd zu Protokoll.

Dazu muss man wissen: Für Valerie ist es der erster Aufenthalt in Europa! Und so nützte sie die freien Wochenenden für Abstecher nach Italien, Deutschland und in die Schweiz. Als passionierte Bikerin hat sie natürlich auch das Trail-Angebot in Sölden ausgenützt – vor allem technisch anspruchsvolle Single-Trails, wie etwa den „Leiterberg“-Trail, zählt sie zu ihren Favoriten.

Bagger mit Stein auf Schaufel - Bike Republic Sölden
Alles im Griff bzw. auf der Schaufel …
© Hannah-Lena Oberleitner / Ötztal Tourismus
Sicherheitszaun beim Trailbau - Bike Republic Sölden
Die gelben Schaltafeln im Hintergrund dienen als Sicherung vor Steinschlag
© Hannah-Lena Oberleitner / Ötztal Tourismus

Ötztaler Alpen vs. Appalachen

Ihr erster Eindruck vom Ötztal und Sölden? „Wunderschön und steil, verdammt steil“, wie sie anmerkt. Fragt man Valerie, welcher Moment ihr während ihres bisherigen Aufenthalts besonders in Erinnerung geblieben ist, spricht sie die Schneefahrbahn auf der Gletscherstraße an – die Steilheit der Straße in Kombination mit dem gefallenen Neuschnee stellte für sie eine echte Herausforderung dar.

Ein solch steiles Gelände ist Valerie von ihrer Heimat nämlich nicht gewöhnt. Zwar kommt sie auch „aus den Bergen“, aber die Appalachen, ein Gebirgszug im Osten Nordamerikas, sind im Vergleich zu den Ötztaler Alpen viel flacher und niedriger.

Ich wollte von Valerie auch wissen, ob in den USA mehr Frauen im Trailbau-Bereich arbeiten. Auch dort treffe man selten auf eine Frau, wie sie anmerkt. Woran das liegt? Die US-Amerikanerin glaubt nicht, dass es mit der körperlich anstrengenden Arbeit zu tun hat – beim Trailbau gehe es nämlich vor allem darum, „smart“, also intelligent und vorausschauend zu arbeiten. Viel mehr geht Valerie davon aus, dass vielen Menschen einfach nicht bewusst ist, dass es Karrieremöglichkeiten im Trailbau-Bereich gibt. Valerie jedenfalls fährt in ihrem Bagger mit bestem Beispiel voran…

Die Bike Republic Sölden ist noch bis 1. Oktober 2017 geöffnet. Den Trailstatus mit einer Übersicht aller aktuell geöffneten Lines findest du HIER.

(Titelbild: © Hannah-Lena Oberleitner / Ötztal Tourismus)

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Benni

Autor Benni

Sobald Bewegung im Spiel ist, wird Benni hellhörig! Als begeisterter Snowboarder, Biker, Kletterer & Wanderer gibt es für ihn keinen besseren Outdoor-Spielplatz als das Ötztal. Still sitzen können andere besser, deshalb ist Benni viel auf den Trails und unverspurten Hängen des Tals unterwegs.

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